Paarübungen

Für Paare, Partner und Singles

showcase

Sprache auswählen

Hello Casino

Nägel kauen

Negative Nähe kann schliesslich entstehen, wenn einer oder beide Partner Mühe haben, ihr inneres Bindungsgefühl zu bewahren, auch wenn der Partner...

  • nicht da ist,
  • nicht jene Reaktion zeigt, die man selber gerne hätte,
  • nicht das gleiche Bedürfnis hat wie man selbst.

Probleme zu haben mit der Selbstregulation bedeutet in all diesen Fällen, dass man sich selber nicht beruhigen kann und in eine Angst, Unsicherheit, Hilflosigkeit etc. gerät. Wer sich nicht selber beruhigen kann, wird beim nächsten Kontakt mit dem Partner geprägt sein von diesen negativen Emotionen der Verletzlichkeit und allenfalls einen Angriff starten oder einen Rückzug vornehmen. Dies schafft negative Nähe.

 

Fehlende Selbstregulation

Bei negativen Emotionen

Die negative Emotion der Verletzlichkeit ist meistens Angst vor Verlust, ein Verlassenheitsgefühl oder eine Unsicherheit. Das sind alles negative Emotionen der Verletzlichkeit (zoom-link), welche in reaktive Wut umgewandelt werden.

Häufig ist der eine Partner im Wut-Angriff und versucht Nähe herzustellen, indem er den Partner zur Reaktion zwingt. Der andere Partner zieht sich zurück, weil er sich hilflos oder schlecht gemacht fühlt (Rückzug). Ein Angriff-Rückzugs-Schema kann hier entstehen.

Bei positiven Emotionen

Selbstregulationsprobleme gibt es auch beim Ausdruck von positiven Gefühlen für den Partner und für die Partnerschaft! Viele Partner haben Mühe, von sich aus positive Emotionen auszudrücken. Sie unterbrechen sie häufig, weil sie mehr oder weniger bewusst spüren, dass das Ausdrücken von positiven Emotionen automatisch auch verletzlich macht. Das Unterbrechen von positiven Emotionen geschieht dann zum Selbstschutz, so dass man sich nicht verletzlich vor dem Partner fühlt.

Eine ungenügende Selbstregulation bei positiven Emotionen zeigt sich beispielsweise darin, dass man immer nur reagiert, nachdem der Partner sich schon positiv ausgedrückt hat. Statt zu sagen: "Ich liebe dich" oder "ich freue mich, dass du da bist", wartet man, bis es der Partner zuerst sagt. Erst dann antwortet man als Reaktion: "Ja, ich liebe dich auch" oder "Ja, ich freue mich auch..." oder einfach nur "Ich auch..."

Zuviel Selbstregulation

Wer immer alles nur mit sich alleine ausmachen will bei Problemen, die beide Partner betreffen, der hat ebenso ein Problem mit der Selbstregulation: Er oder sie hat ein Zuviel an Selbstregulation. Dies führt zu einer Isolation und zu Ungesagtem, das den Partner im Ungewissen lässt. Bei sich selber kann es im ungünstigen Fall viel inneren Druck erzeugen. Meistens geht mit dieser Art von Selbstregulation ein Ideal einher, dass man alles selber lösen müsse. Manchmal ist damit auch ein "altes" Einsamkeitsgefühl verknüpft: Man kennt es nicht anders (siehe auch Thema "Bindungserbe" ).

 

Merkmale fehlender Selbstregulation

Bei negativen Emotionen

Ein häufiges äusseres Zeichen für Probleme mit der Selbstregulation ist der Wunsch, den Partner möglichst immer bei sich zu haben. Auf Abwesenheit wird unsicher, verlassen, traurig und deswegen auch verletzt reagiert. Auch ist ein Wunsch nach Kontrolle typisch. Das Kontrollverhalten erlaubt unter anderem, die eigene Angst in Schach zu halten oder weniger heftig zu spüren.

Ein typisches Merkmal hierfür ist auch, dass man lieber gefallen möchte und deshalb darauf verzichtet, eigene Bedürfnisse, Wünsche, den eigenen Willen und Präferenzen kund zu tun, was auch als spezifisches Nähe-Problem beschrieben werden kann. In einer nahen Beziehung sich selber zu sein bedeutet auch immer das Risiko auf sich zu nehmen, dass der Partner als Erstes eine negative Reaktion zeigt, weil er ein anderes Bedürfnis hat oder einfach nicht mit einer Differenz rechnet. 

Selbstregulation kann auch ein Thema werden, wenn ein Partner Mühe hat zu vertrauen, sei es aufgrund von Ereignissen, die mit der Beziehung zu tun haben, sei es aufgrund allgemeiner Einstellungen und (biografischen) Vorerfahrungen zu Nähe und Beziehungen.

Bei positiven Emotionen

Die Fähigkeit zur Selbstregulation der Partner hängt teilweise davon ab, wie gut in der Partnerschaft positive Emotionen ausgedrückt werden. Höre ich selten vom Partner, dass er mit mir glücklich ist oder sich auf mich gerade gefreut hat oder dass er mich liebt, dann ist die Selbstregulation des andern Partner erschwert. Wenn die Partnerin nach Hause kommt und sagt: "Schön, dass du schon da bist, ich freue mich, dich zu sehen" und anschliessend den Partner umarmt, dann wird er am folgenden Tag weniger beunruhigt sein, wenn sie statt am 22 Uhr abends erst am 1 Uhr in der Früh nach Hause kommt.

Selbstregulation und persönliche Vergangenheit

Es ist wichtig, wie wir Nähe als Kind und Jugendliche erlebt haben. Es spielt eine grosse Rolle, welche Nähe-Bedürfnisse und Bindungsbedürfnisse befriedigt wurden und welche nicht. Dieses psychologische Erbe nehmen wir mit in unsere eigenen nahen Beziehungen.

Es ist dieses Erbe, das mitbestimmt, wie wir selber Nähe eingehen, wie wir Nähe erleben und mit welchen Aspekten der Nähe wir uns schwer tun. Je grösser die Fähigkeit der Eltern war, intensive positive Gefühle auszudrücken statt zurückzubehalten und negative Emotionen der Verletzlichkeit zu zeigen statt sie durch Wut, falschen Stolz oder übertriebener Kontrolle zu überdecken, desto positiver wird das psychologische Erbe bezüglich Nähe ausfallen. Ebenso spielt das Erbe oftmals eine grosse Rolle bei Personen, die ein Zuviel an Selbstregulation aufweisen. Zum Beispiel, wenn erwartet wurde, dass jeder in der Familie seine emotionalen Probleme alleine zu lösen habe. Oder wenn Eltern und Geschwister sich immer zurückzogen beim Bedürfnis, emotionale Probleme zu besprechen.

Zum Erbe gehören auch vergangene Partnerschaften, bei denen Nähe-Bedürfnisse oftmals auf der Strecke blieben.

Ebenso können bestimmte Ideale die Selbstregulation ungünstig beeinflussen. Diese Ideale betreffen beispielsweise starre Vorstellungen bezüglich der Geschlechterrollen ("eine Frau braucht immer eine starke Schulter" - "ein Mann ist immer stark"). Solche Ideale können zum psychologischen Erbe gerechnet werden.

 

Beispiel "Mangelnde Selbstregulation"

Es ist Sonntag Mittag, sie sind gerade von einem Wochenendausflug relativ früh nach Hause gekommen. Sie hatten es schön zusammen.

"Du, ich gehe jetzt doch Golfspielen. Ich habe zwar mit niemandem abgemacht, aber ich brauche sowieso noch ein bisschen Zeit für mich alleine. Komme am Abend wieder nach Hause. Du weisst doch, wie gerne ich gehe, und die letzten zwei Male konnte ich nicht", meinte er zu ihr halb fragend, halb besorgt sie anblickend.

Sie schluckte mehr als dass sie nickte. Sagte aber sonst nicht viel dagegen. Innerlich wurde sie bereits unruhig und spürte, wie eine Wut aufkam. Als er fort war, nahm sie 10 Minuten später gleich das Handy in die Hand und fing an zu schreiben: "Du hast mir nicht gesagt, wann du genau nach Hause kommst. Und gehst du wirklich alleine?" Innerlich beschäftigte sie sich mit folgendem:

  • Sie fragte sich schon, weshalb sie jetzt so am Kochen ist, aber sie kann es nicht recht sagen. 
  • Sie sah vor ihrem Auge die Szene, als er seine neuen Schuhe schnürte, bevor er dann aus der Tür verschwand. "Diese neuen Schuhe? Hat man die zum Golfen? Wieso konnte er nicht die alten weiter benutzen? Die waren doch noch brauchbar."
  • Was er alles machen kann für dieses Hobby, und für uns, da macht er nichts.
  • Am meisten Freude hat er ja sowieso, wenn er ohne mich herumziehen kann.
  • Auf einmal kam ihr der Ex-Partner in den Sinn. "Männer sind immer gleich, keiner ist besser", sagte sie sich.

Sie setzte sich aufs Sofa und wartete auf seine SMS-Antwort. Sie hätte gerne etwas für sich gemacht, aber es ging nicht richtig. Ständig dachte sie an ihn, ans Golfen. Sie spürte eine Traurigkeit, aber immer nur kurz. Sie bekämpfte sie mit Ablenkungen, die nicht richtig funktionierten. Sie spürte, dass es heute Abend Streit geben wird.