Paarübungen

Für Paare, Partner und Singles

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Dass das Bindungserbe der Partner nicht gleich sein kann, versteht sich von selbst. Wir stammen immer von unterschiedlichen Herkunftsfamilien ab. Selbst innerhalb der gleichen Familie variiert das Erbe unter den Geschwistern erheblich. Aufgrund dieser Unterschiede in der Weitergabe von Nähe, in der Befriedigung von Bindungsbedürfnissen und im Umgang mit intensiven positiven wie negativen Emotionen gibt es diese Unterschiede auch zwischen den Partnern:

  • In der Art und Weise, wie Nähe hergestellt wird.
  • Welche Form von Nähe besonders gemieden wird.
  • Welche Nähe als selbstverständlich vorausgesetzt wird.
  • Welche für einem selber "einfach" herzustellen ist.
  • In welchen Nähebereichen Probleme und Distanz sich zuerst ausdrückt.
  • ...

Partner, die grosse Unterschiede aufweisen, haben unter Umständen auch eine ursprüngliche Faszination für diese Unterschiede. Sie schätzen gerade besonders bestimmte Dinge am Partner, die sie selber nicht so haben, und umgekehrt. So schätzen stille, zurückhaltende Personen die Offenheit und Extravertiertheit Ihrer Partnerin und umgekehrt. Personen, die oftmals direkt und ungefiltert (angriffig) Probleme ansprechen, empfinden das langsame und vorsichtige Ansprechen als angenehm und wohltuend.

Wenn zum ersten Mal negative Emotionen der Verletzlichkeit (zoom-link) in der Beziehung auftauchen, dann kommt es darauf an, wie die Partner mit diesem unterschiedlichen Bindungserbe im Rücken die ersten echten emotionalen Paarprobleme bewältigen.

Häufig gelingt diese Bewältigung nicht so gut, gerade weil man den anderen für die Unterschiede kritisiert statt dass man auch sagt, wie sehr man das Andere und Unterschiedliche anziehend findet und schätzt. Dieser erste Umgang kann prägend sein für den späteren Umgang, wenn die entsprechenden negativen Emotionen, die entstanden sind, nicht aufgelöst, sondern weitergetragen und bei ähnlichen Situationen reaktiviert werden.

 

Merkmale

  • Einer der häufigsten Unterschiede betrifft den Umgang mit den affektiven Gesten wie Umarmen, Küssen, Streicheln, Kuscheln, liebende Worte aussprechen. Grundsätzlich also den Umgang mit positiven Emotionen und deren Ausdruck. 
  • Wie werden Konflikte angegangen? Eher offensiv und konfrontativ? Oder zurückhaltend, auf den richtigen Moment wartend? Hier spielen unterschiedliche Persönlichkeitsmerkmale wie Temperament, Extravertiertheit versus Introvertiertheit eine grosse Rolle.
  • Ein weiterer häufiger Unterschied ist das Rollenverständnis Mann-Frau. Gibt es fixe Vorstellungen davon, wie eine Frau und wie ein Mann in einer Partnerschaft sein müssen? Sind diese Vorstellungen eigentlich ausgesprochen worden oder sind sie "heimlich" in den Köpfen der Partner?
  • Die Partner schwanken zwischen Verständnis und Vorwürfe für die Unterschiede, weil allen mehr oder weniger klar ist, dass es ein unterschiedliches Bindungserbe gibt mit unterschiedlichen "Gewohnheiten" und Präferenzen.

 

Folgen für die Bindung

Die Unterschiede sind häufig Anlass für persönliche Hinterfragungen.

  • Positive Hinterfragungen: Was kann ich von meinem Partner lernen? Wie weit kann ich meinem Partner da entgegen kommen? Wo muss ich mich verbessern?
  • Negative Hinterfragungen: Das werde ich nie so hinkriegen, wie mein Partner das braucht... Das ist der falsche Partner... Negative Hinterfragungen führen zu Stress, Zweifel und Bindungsalarm.
  • Meistens versuchen die Partner, Kompensationen anzubieten, die zum Teil nicht wahrgenommen oder abgelehnt werden, was zu Rückzug führt und damit zu negativer Nähe.
  • Diese Unterschiede sind in der Regel nicht in Stein gemeisselt. Es ist ein ideales Lernfeld, um aneinander zu wachsen. Viele Partner haben aber Mühe damit, sich das voreinander einzugestehen. Die negative Emotion der Verletzlichkeit ist hier Unsicherheit, eventuell Scham wegen eines Defizits. Manche Partner empfinden die Differenzen auch als eine bedrohliche "Einflussnahme" auf die eigene Art und Persönlichkeit und reagieren mit Dominanzverhalten.

 

Beispiel "Unterschiedliches Bindungserbe"

Nach Hause kommen und sich schon innerlich zurückziehen

In der Paarberatung erzählt Verena, dass keiner ihrer Geschwistern von den Eltern wirklich viel Herzlichkeit, Wärme, affektive Gesten und alles, was mit dieser Form von Nähe zu tun hat, erhalten haben. Dafür haben sie viel miteinander unternommen, viel gelacht und waren füreinander da, wenn Not herrschte. Verena hat auch nie an der Liebe gezweifelt, die ihre Herkunftsfamilie für sie empfindet, auch wenn das Wort "Liebe" oder "Gernhaben" nicht wirklich ausgesprochen wurde.

Lukas erzählt, wie wichtig für ihn jeweils eine Umarmung seines Vaters oder auch der Mutter war (weniger als der Vater), wenn er ein Problem zu bewältigen hatte oder etwas erlebte, das ihn zu sehr beschäftigte. Der Vater redete gar nicht viel, aber er drückte ihn an sich. So fasste Lukas wieder Mut, eine Idee kam ihm in den Sinn, und er konnte weiter machen. Oftmals redeten denn Vater, Mutter und Lukas gemeinsam über das Problem, aber erst nach dieser Umarmung.

Wenn er heute mit einem Problem nach Hause kommt, dann ist Verena aus seiner Sicht distanziert. Sie will zwar reden und gibt klare Zeichen, dass sie die Situation erkennt. Aber eigentlich bräuchte Lukas Zuspruch, Aufmunterung und nicht Analyse, Vergleiche mit andern und Ratschläge. Irgend etwas fehlt ihm bei Verena, aber er konnte bisher gar nicht sagen, was.
Mit der Zeit hatte er lieber gar keine Probleme mehr "nach Hause" gebracht. Das heisst, er schwieg sich aus, weil er wusste schon im Voraus, dass er sich schlecht fühlen würde, nachdem er Verena etwas davon erzählt hätte. Und Verena spürte diesen Rückzug. Mit der Zeit gelang es immer weniger, überhaupt über Probleme zu reden.