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Sich selber sein...

Sich selber sein in der Beziehung bedeutet vor allem, in Gegenwart des Partners...

  • seine Bedürfnisse auszudrücken, statt sie Erwartungen zu opfern
  • zu sagen, was einem wichtig ist
  • auszudrücken, was einem fehlt
  • Wünsche und Präferenzen offen zu legen statt sie zu verheimlichen

Wenn wir jemandem nahe sind, so ist dessen Einflussnahme naturgemäss gross und wird auch intensiver empfunden. Diese Einflussnahme ist einerseits erwünscht, weil wir sonst nicht spüren würden, welche Absichten und Bedürfnisse unser Partner hat. Andererseits entstehen dadurch Erwartungen an uns. Dazu kommt noch, dass wir ohne Zutun des Gegenübers bereits ein Set an verinnerlichten Erwartungen an uns selbst als Partner haben. Nähe kann in diesem Fall als bedrängend erlebt werden, weil wir uns ständig den Erwartungen ausgesetzt fühlen.

Das ständige Achten darauf, was der andere gerade erwartet, kann den Zugang versperren zu dem, was man als Partner selber will, was man braucht, was einem fehlt, was einem wichtig ist oder was man gerade als Möglichkeit sieht.

Letztlich läuft es bei dieser spezifischen Nähe-Problematik darauf hinaus, dass man Mühe hat, in der Beziehung sich selber zu sein.

Sich selber sein in einer Bindung bedeutet auch, dass man in Kauf nimmt, nicht immer zu gefallen, "unpopulär" zu sein, unter Umständen einen Konflikt ausdiskutieren zu müssen, Geduld zu haben, bis man einen Kompromiss gefunden hat und Verständnis aufzubringen für eine erste allenfalls enttäuschte Reaktion des Partners.

 

Hintergründe für die Selbst-Blockade

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Der Zusammenhang mit dem Bindungserbe kann vielfältig sein. Hier einige Vorschläge (ohne Anspruch auf Vollständigkeit!)

  • Wenn man seine Eltern selten gesehen hat, etwas in einer Art und Weise auszudiskutieren, so dass es für beide am Ende stimmt, dann hat man als Kind wenig Vorbildfunktionen diesbezüglich erleben können.
  • Es kann sein, dass die Herkunftsfamilie einen Vermeidungsstil hatte. Wenn man selber diesen Vermeidungsstil verinnerlicht hat, dann ist man als Partner in der eigenen Beziehung zu unvorbereitet auf Diskussionen und Willensäusserungen des andern.
  • Ebenso ist denkbar, dass ein familiäres Klima vorherrschte, bei dem man es immer allen andern Recht machen musste, damit keine Konflikte aufkommen.
  • Es ist auch möglich, dass die Eltern die Eigenständigkeit des Kindes und den eigenen kindlichen Willen nicht an sich heran gelassen haben, weil es Erziehungsstress und Einsatz bedeutet. Dabei hat das Kind gelernt, den Willen oder Präferenzen nicht auszudrücken.
  • Bedürfnisse zu zeigen, vor allem im affektiven Bereich, löste wenig Aufmerksamkeit aus oder allenfalls Zurückweisung.
  • Das Erfüllen von Erwartungen anderer wurde mit Wohlgefallen oder Aufmerksamkeit belohnt, das Nicht-Erfüllen ignoriert oder bestraft (z.B. Ärger-Rückzug). Mit eigenen Bedürfnissen hat man sich zurückzuhalten, sie für sich zu behalten, so die Erziehungsbotschaft.
  • Es ist auch denkbar, dass der Ausdruck des eigenen Willens bekämpft oder abgewertet wurde (alles nur "kindlicher Unfug", "Trotz" oder "Pubertät").
  • Denkbar ist ein familiäres Klima, wo das Anpassen an eine Autorität (z.B. Vater) sehr hoch gehalten wurde, auch dann, wenn es einem überhaupt nicht passte.
  • Ebenso ist denkbar, dass man sich stets an die kleineren Geschwister anpassen mussten, damit man miteinander spielen konnte (oder umgekehrt: sich stets an die Grösseren halten zu müssen). Das kann eine übertriebene Zurückstellung von eigenen Präferenzen, Bedürfnissen etc. nach sich ziehen, vor allem wenn es von den Eltern erwartet wurde.

 

In der Gegenwart des Partners kann es einem schwerer fallen, sich selber zu sein. Das bedeutet:

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  • Der Zugang zum eigenen Bedürfnis ist oft versperrt.
  • Es gelingt zu wenig auszudrücken, was einem wirklich wichtig ist.
  • Was einem fehlt, kommt zu wenig oder nicht zur Sprache.
  • Was man sich wünscht und was man lieber möchte (Präferenzen), wird verschwiegen oder irgendetwas "Passendes" wird ausgedrückt, das (vermeintlich) zu weniger Konflikten führt.

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  • man als Partner oft in Dinge involviert ist, die man so eigentlich gar nicht will oder mochte. Das führt zu Rückzug aus der Beziehung.
  • der andere Partner oft nicht spürt, was man selber will, wer man ist, was einem motiviert. Das führt oft zu Kritik und Angriff.
  • Es entsteht der Eindruck, man hätte keinen eigenen Willen oder zu wenig davon.
  • Willensäusserungen, Präferenzen mitteilen oder Bedürfnisse anmelden kann nicht ruhig und gelassen gemacht werden, sondern meistens aggressiv (Umwandlung in reaktive Wut von Angst, Unsicherheit etc.)

Merkmale und Folgen der Selbst-Blockade für die Bindung

  • Es entsteht eine Art unfreiwillige Zustimmung und ein Gutheissen dessen, was der Partner vorschlägt, möchte, will etc.. Dabei könnte es durchaus sein, dass die eigene Meinung oder der eigene Wille demjenigen des Partners entspricht. Aber der Zugang zum Eigenen und der Ausdruck ist zu blockiert. Es ist deshalb gar nicht klar, was man selber gewollt hätte oder was einem selber gerade wichtig wäre oder was eigentlich der zufriedenstellende Kompromiss wäre. Dadurch entstehen oft Situationen, in denen der betroffene Partner "Ja" statt "Nein" sagt.
  • Partner, die sich zu sehr anpassen und zu wenig von sich einbringen, riskieren, sich von der Beziehung emotional zurückzuziehen. Oftmals geschieht so ein Rückzug unbewusst und unbemerkt. In dieses Vakuum können dann Nebenbeziehungen treten, die irgendwann aufliegen. Dann entsteht erst recht ein Bindungskonflikt.
  • Oftmals spielen Schuldgefühle und schlechtes Gewissen eine verhindernde Rolle, wenn es darum geht, eigene Bedürfnisse anzumelden. So als ob es nicht legitim wäre, Bedürfnisse anzumelden oder so als ob es vom Partner zuerst gebilligt werden müsste.
  • Personen, die ansonsten in ihrem Leben stark und erfolgreich sind , aber in nahen Beziehungen Mühe haben, sich selbst zu sein, empfinden deswegen Bindungen häufig als Last. Es kommt Ihnen so vor, als ob sie sich etwas Zusätzliches aufhalsen, von dem sie sich am liebsten befreien würden und das sich schwer anfühlt. Würden sie sich trennen, dann müssten sie aber ihre Bindungsbedürfnisse frustrieren und die liebenden Gefühle für den Partner ignorieren .
  • Beim Partner entsteht Bindungsalarm, der zu Kritik und Angriff tendiert. Der Partner spürt nämlich zu wenig, wer man eigentlich ist, was man will, was einem motiviert, was einem fehlt etc. Das macht hilflos und kann zu Hinterfragungen der Beziehung insgesamt führen.

Das hat Konsequenzen auf das eigene Wohlbefinden in der Beziehung. Bei einem selber entsteht ein Rückzug, weil man selber oft in Dinge involviert ist, die man so nicht möchte oder bei denen man selber zu wenig von sich eingebracht hat. 

Je wichtiger das Thema ist, bei dem man sich selber nicht oder zu wenig einbringen konnte, desto schwerwiegender die Folgen. So ist man vielleicht seinem Partner ins Ausland gefolgt, ohne dass eine vertiefte Auseinandersetzung mit den eigenen Bedürfnissen stattgefunden hätte.

 

Beispiele 

1. Möbelhaus

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Sie stehen beide im Möbelhaus. Ein neuer Schrank muss her, der alte ist kaputt. Er weiss genau, was er will und kommentiert unablässig vor den verschiedenen Ausstellungsstücken, was er gut und was er nicht so gut findet. Sie nickt immer. "Wähl du nur aus!", meinte sie grosszügig.

Sie findet in ihr selber keine klaren Gedanken und Gefühle, was sie eigentlich möchte. Nur dass auch sie der Meinung ist, ein neuer Schrank ist tatsächlich notwendig, die Türe des alten schliesst schon nicht mehr richtig.

Zwei Wochen später steht sie vor diesem Schrank und nimmt ein Kleid heraus. Schon als er fertig aufgebaut war, merkte sie, dass sie viel lieber ein ganz anderes Modell hätte kaufen wollen. Eines mit einem Aussenspiegel nämlich. Sie erinnert sich jetzt, dass sie so ein Modell eigentlich kaufen wollte. Beim Kauf im Möbelhaus sagte sie aber gar nichts.

"Wie findest du den Schrank eigentlich", fragt sie der Mann. Sie schaut leicht an ihm vorbei und murmelt: "Hauptsache dir gefällt er". "Das heisst, du findest ihn also nicht schön. Ich habe das Gefühl, dass du immer alles schlecht findest, was ich vorschlage. Am besten kaufen wir gar nichts mehr..."

 

2. Nach Hause Gehen

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Peter hat vor drei Monaten eine Zweitausbildung angefangen. Er braucht diese Ausbildung unbedingt. Er will die Branche wechseln. In dieser Zeit hat er auch Petra kennen gelernt. Jedes Mal, wenn es Zeit wäre zu lernen, dann steht er vor dem Dilemma, nach Hause zu gehen und Petra in ihrer Wohnung alleine zu lassen.

Eigentlich hat er keine andere Wahl. Zaghaft sagte er ihr jeweils: "Du, ich muss jetzt los, du weisst schon, ich muss lernen". Sie: "Ach komm, bleib doch noch ein bisschen, ich hätte so gerne noch diesen Ausflug gemacht." In Peter fühlt es sich auf einmal schwer an, er wird müde. Statt aufzustehen und nach Hause zu gehen, fühlt er auf einmal eine Art Müdigkeit und legt sich hin.

Als er erwacht, ist es bereits 13:00 Uhr am Nachmittag. Er steht schnell auf und ist auf dem Sprung, wie wenn er flüchten wollte. Petra reagiert bestürzt: "Du könntest wenigstens noch anständig Tschau sagen, was ist denn mit dir los?". Da explodiert Peter: "Immer muss ich machen, was du willst, du verhinderst alles. So kann das nicht funktionieren!" Petra meint: "Was meinst du mit 'ich verhindere alles', sagt sie gekränkt. "Wenn du lernen willst, dann hättest du halt schon früher gehen müssen!" "Das geht ja bei dir nicht", sagt Peter gereizt.