Paarübungen

Für Paare, Partner und Singles

showcase

Sprache auswählen

Hello Casino
Bild

Bindungsorientiertheit

  • Sein Leben umfassend teilen zu wollen mit mehreren Partnern gleichzeitig ist psychologisch und sozial zu komplex
  • Menschen sind bindungsorientierte Wesen.
  • Weil Bindungen "Orte" der emotionalen Verletzlichkeit sind, ist es schwierig, Nebenbeziehungen zu haben, ohne dass in der Hauptbeziehung Bindungsalarm bei mindestens einem der Partner ausgelöst wird.

Menschen sind nicht monogam in dem Sinne, dass sie biologisch zur Einehe "programmiert" wären. Umgekehrt hat die Vielehe beim Menschen gleichfalls keine biologische Grundlage. Ansonsten wäre dieses Muster mehr als nur in vereinzelten kulturellen Ausnahmen anzutreffen.

Sowohl strenge Monogamie wie auch Vielehe kann hingegen kulturell, zum Beispiel religiös, angestrebt und gerechtfertigt werden.

Sicht der Emotionen

Aus der Sicht der Emotionen geht es darum, Liebe, Geborgenheit, Wichtigkeit für einen anderen Menschen, Sicherheit und Begehren zu erleben. Mit Ausnahme des Begehrens brauchen solche positiven Gefühle Bindung, sonst ist deren Intensität und Dauerhaftigkeit nicht gewährleistet.

Oder um es mit dem berühmten französischen Schriftsteller Honoré de Balzac (1799-1850) zu sagen:

"Es ist ebenso absurd zu behaupten, ein Mann könne nicht ständig dieselbe Frau lieben, wie zu behaupten, ein Geiger brauche mehrere Geigen, um ein Musikstück zu spielen."

Er hat ihn zwar auf die Männer gemünzt, aber dieser Satz gilt uneingeschränkt für beide Geschlechter...

Sicht der Evolutionsbiologie: Unterschiede zwischen Mann und Frau

Wenn eine Frau zur gleichen Zeit zwei Sexualpartner hat, hat das keine Auswirkungen auf die Anzahl ihres Nachwuchses. Eine Frau kann nicht zwei Mal gleichzeitig schwanger werden. Sie ist immer nur mit einem Kind schwanger, unabhängig von der Anzahl Partner. Das heisst, Frauen werden keine evolutionär bedingte Verdrahtung ihres Gehirns aufweisen, welche sie instinktiv anspornt, mehrere Partner zu haben. Sie können das natürlich tun, aber dann ausschliesslich aus genetisch-psychologischen Gründen.

Beim Mann ist der Fall anders gelegen: Wenn ein Mann zur gleichen Zeit zwei Partnerinnen hat, dann ist es möglich, dass er gleichzeitig zwei Mal Vater wird. Das heisst, der Mann hat im Unterschied zur Frau keine Wartefrist für seine genetische Verbreitung hinzunehmen.

Das ist ein entscheidender Unterschied zwischen den Geschlechtern mit Konsequenzen für das Geschlechterverhältnis. Männer haben eine Prädisposition zu mehreren Partnerinnen, während Frauen diese Prädisposition nicht haben.

Genetisch-biologischer Impuls contra genetisch-psychologischer Impuls?

Beim Menschen scheint es zu einer Kombination von zwei Lebensstilen gekommen zu sein. Einerseits leben wir in Grossgruppen wie die meisten Primaten. Andererseits investieren beide Geschlechter des Homo Sapiens, ähnlich den meisten Vögel, in den Nachwuchs. Das hat das genetisch-psychologische Konzept der Bindung hervorgebracht. Obwohl der Mann wohl einen "biologischen" Impuls zu mehreren Partner(innen) verspürt, ist der "psychologische" Impuls eher auf Ausschliesslichkeit angelegt. Beide Impulse haben eine genetische Basis und stehen in Konkurrenz zueinander. In diesem Widerspruch bewegt sich die männliche Variante des Homo Sapiens stärker als die weibliche.

Genetisch-psychologische Vererbung

Gene verdrahten unser Gehirn auf ganz vielfältige Weise. Zum Beispiel auch als bindungsorientiertes Wesen. Unser Gehirn hat eigene Kontrollmechanismen, welche kurzfristige Begehren einschränken. Unsere Fähigkeit, die Zukunft vorauszuahnen und bestimmte Verhaltensweisen zu vermeiden, macht unseren freien Willen aus. Auch dazu gibt es eine genetische Vorprogrammierung, in die hinein Erfahrungswissen, Lernen übers Modell, Werte etc. abgespeichert und verrechnet werden für zukünftige Motive, Bedürfnisse und Handlungen.

Unser Gehirn ist genetisch in einer Art und Weise verdrahtet, dass wir Kosten und Nutzen ständig abwägen. Wir sind zudem genetisch "vor-programmiert" zu Emotionen wie Liebe, Verliebtheit, Dankbarkeit, Schuld, Scham, Traurigkeit, Reziprozität (Gleiches mit Gleichem). Das alles fliesst stets in das schlussendlich gezeigte Verhalten ein.

 

Sind mehrere Bindungen zu einem Partner gleichzeitig überhaupt möglich?

Serielle Monogamie - alles andere ist zu komplex

In vielen Gesellschaften und Kulturen scheint so etwas wie serielle Monogamie am ehesten auf das Paarungsverhalten zuzutreffen. Viele von uns haben während des Lebens mehrere Lebenspartner nacheinander. Die Idee aber, dass wir gleichzeitig mehrere Bindungspartner haben, wird in der Regel nicht umgesetzt. Es ist emotional, psychologisch, sozial und ökonomisch zu komplex, seine persönliche Existenz mit mehreren Partnern gleichzeitig umfassend zu teilen. Einzelne sexuelle "Fehltritte" während einer auf Langfristigkeit angelegten Bindung scheinen dabei ein notwendiges Übel zu sein, das sich zahlreiche Partner verzeihen können, vor allem wenn es keine emotionale Untreue gegeben hat. Damit ist nicht gesagt, dass auch ein einzelner Ausrutscher die Bindung nachhaltig und manchmal nicht mehr repararierbar erschüttern kann.

Menschen sind bindungsorientiert

Es ist zu komplex, auf der Erwachsenen-Ebene mehrere Bindungen gleichzeitig zu haben. Eine Partner-Bindung einzugehen, die emotional umfassend ist, verunmöglicht es, eine gleichwertige weitere Bindung zeitgleich zu leben. Um ein Bindungsgefühl zu einem Partner zu entwickeln, müssen wir nämlich innerlich davon ausgehen können, dass der Partner zu einem gehört, auch dann, wenn er physisch nicht da ist.

Dieses innere emotionale Band kann nicht aufrecht erhalten werden, wenn wir mehrere solche Bindungen mit verschiedenen Partnern zu leben versuchen. Konkurrenz oder einfach ein Nebeneinander mehrerer Liebesbeziehungen schwächt das Bindungsgefühl unweigerlich: Es macht es unsicherer, instabiler und unbedeutender. Im Zusammenhang mit Bindung sind solche Gefühle häufig Auslöser für Bindungsalarm.

Es ist denkbar, dass ein Paar ganz bewusst eine Schwächung des Bindungsgefühls zueinander in Kauf nehmen möchte, damit auch andere Liebesbeziehungen gleichzeitig erlebbar sind. Aber die Erfahrung zeigt, dass die meisten von uns damit nicht gut zu Rande kommen, weil instabile, schwache Bindungen oft Traurigkeit, Einsamkeit, Verlassenheit und Angst auslösen. Deshalb entscheiden wir uns auch meistens dafür, lieber eine Bindung ganz zu beenden, bevor wir wieder offen und bereit sind, eine neue Bindung einzugehen (serielle Monogamie). 

Mehrere Sexualpartner, aber nur eine Bindung haben

Ähnliche Überlegungen gelten bei der Variante, dass man sich darauf einigt, mehrere Sexualpartner haben zu können, aber die Bindung zueinander dennoch zu leben. Das heisst vor allem, dass es eine Priorität der Zuwendung, der Liebe, der Investition von Zeit und Ressourcen sowie der allgemeinen Verbindlichkeit (Priorität) gegenüber dem einen Partner gibt, mit dem man seine eigene Existenz verknüpft. Mit allen andern aber ist diese Art von Verbindung nicht erwünscht.

Auch hier ist denkbar, dass ein Paar ein solches Modell erfolgreich leben kann. Dennoch zeigt die Erfahrung ebenso, dass viele Paare mit den wohl regelmässig entstehenden Bindungsalarm nicht konfrontiert werden wollen. Der Alarm entsteht deshalb, weil die Partner sich vor der Situation fürchten, dass sich der andere Partner "nach aussen" neu verliebt.

Noch wichtiger ist die begründete Angst, dass bei auftretenden Paarproblemen solche Nebenbeziehungen dann auf einmal wichtiger werden können. Eine Nebenbeziehung ist immer auch ein Rückzugsort aus der Sicht der Hauptbeziehung und deshalb potentiell eine Infragestellung der Bedeutung und Stabilität der Bindung.