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Vermeidende Bindungspersonen erwarten von "Nähe" in der Regel spontan nichts Gutes. Sie mussten lernen, dass Nähe Ihre Emotionen nicht beruhigt, sondern negativ intensiviert und die Unsicherheit vergrössert statt verkleinert.

Deshalb können Vermeidende Nähe vor allem dann zulassen, wenn es gerade gut läuft in der Beziehung. Ängstliche oder Sichere stellen aber auch dann Nähe her, weil es gerade nicht gut läuft. Nähe herzustellen, weil es in der Beziehung gerade nicht optimal läuft, ist dem Vermeider fremd.

Der vermeidend-unsichere Bindungsstil deaktiviert Nähegefühle. Das heisst, er schwächt sie innerlich durch Abwehrmechanismen und äusserlich durch zahlreiche Verhaltensweisen. Das ist mit Deaktivierung gemeint. Wenn beim Vermeidenden das Bindungssystem deaktiviert ist, so empfindet er Distanz und fühlt sich in der Folge unabhängiger. Der vermeidende Typus hat oft Mühe, Nähe als Ressource und als sicheren Ort zu empfinden. Er sieht in seinem eigenen Bedürfnis danach eine Schwäche und fühlt sich vordergründig lieber "frei" und unabhängig. Durch das Deaktivieren von Nähegefühlen kann der Vermeider die dahinter liegende Unsicherheit reduzieren.

Manchmal denken Vermeider fälschlicherweise von Ihren Partnern, dass sie zu bedürftig und zu abhängig seien. Vermeidende Personen ziehen oftmals sehr viel Selbstwert aus der Tatsache ihrer Unabhängigkeit und Autonomie. So sehr, dass sie Bindung auch als Verringerung ihres Selbstwertes erleben können. Dabei ignorieren die Vermeider ihre eigenen angeborenen Bedürfnisse nach Nähe, Stabilität und Sicherheit durch Bindung. Falls Sie vermeidend sind, dann fällt es Ihnen schwer, sich nahe und vollständig dank einer Bindung zu fühlen, im Unterschied zum sicheren oder ängstlichen Bindungstypen. Ein emotionales Zuhause zu finden und einem anderen Menschen zu geben ist für Sie nicht einfach.

Deaktivierungsstrategien oder Betäuben von Bindungsbedürfnissen

Vermeider versuchen bei zunehmender Nähe häufig, ihre vorhandenen Bindungsgefühle wegen der aufkommenden Unsicherheit zu betäuben oder zu deaktivieren. Untenstehend finden Sie ein paar typische Deaktivierungsstrategien:

  • Resigniert-ängstliches Denken: "Ich bin noch nicht bereit für eine Bindung", obwohl man die Beziehung weiterführt und auch nicht ernsthaft aufzugeben bereit ist
  • Sie haben die vermeidende Bindungsüberzeugung: "Ich glaube nicht daran, dass ich anderen wirklich vertrauen darf, ich kann nur mir selbst vetrauen. Nur dann bin ich mir meines (Selbst-) Wertes einigermassen sicher. Ich habe Angst, an Wert zu verlieren, wenn ich Nähe voll zulasse. Von Nähe kommt meist nichts Hilfreiches"
  • Fokussieren auf "fehlerhafte" Details: Die Art der Kleidung, die Essmanieren oder wie der Partner redet können sich zu Hindernissen auftürmen, so dass der Vermeidende überzeugt ist, er könne die Nähe nicht aushalten
  • Vermeiden, positive Bindungsbotschaften zu äussern: Kein "Ich liebe dich", dafür lieber annehmen, dass der Partner indirekt merkt, dass man ihn (sie) gerne hat
  • Gemischte Signale bezgüglich der gemeinsamen Zukunft (zögern, ausweichen und relativieren).
  • Idealisierungen, wie ein Partner sein sollte
  • Idealisierung des Ex-Partners (Ex-Partnerin)
  • Sich mental ausklinken, wenn der Partner vom "Wir" und vom "Miteinander" redet
  • Geheimnisse über intime oder persönliche Dinge werden nicht geteilt, um sich unabhängiger zu fühlen (was bedeutet, dass man sich weniger unsicher fühlt).

Es sind zwar weitgehend unbewusste Prozesse des Bindungssystems, aber die Gefühle und Emotionen des Vermeidens sind sehr wohl spürbar für den Vermeider. Deshalb ist er (sie) auch aktiv daran beteiligt. Das ist übrigens die Chance für eine Veränderung. Wer als Vermeidender etwas gegen diese Deaktivierungsstrategien machen will, der muss zuallervorderst eines verstehen: Diese Strategien sind Teil Ihres Bindungssystems! Dieses Bindungssystem produziert unbewusste Muster, die sich im Verhalten sowie im Denken und Fühlen zeigen. Sich dessen bewusst zu werden ist der grösste Schritt zu einer Änderung. Auch der vermeidende Bindungsstil ist übrigens Teil der Evolution des Bindungsverhaltens von uns Primaten im Speziellen.

Vermeidungsverhalten - Kalte Wut

Die oben aufgelisteten Deaktivierungsstrategien sind vor allem innere Prozesse. Vor dem Bindungspartner kommen abweisende oder distanzschaffende Verhaltesweisen zum Zuge, wenn es darum geht, sich den Partner vorübergehend vom Hals zu schaffen. Vor allem bei Konflikten sind diese Strategien häufig zu beobachten. Die Emotion hinter diesem Verhalten ist "kalte Wut". Es ist aus der Sicht des Vermeiders ein Schutz vor Verletzung, aber aus Sicht des Bindungspartners, der um Nähe bittet, ist es eine passive Aggression oder eben: kalte Wut.

Typische Vermeidungen und Abschirmungen

Solche typischen Vermeidungen schirmen vor Nähe ab. Sie können den Bindungspartner zur schieren Verzweiflung bringen.

  • Erstkontakt (Begrüssung) und Abschlusskontakt (Abschied) werden dem Bindungspartner nicht angeboten ("muss jetzt sofort los, sorry", "bin zu müde fürs Küsschen", "denke nie daran" etc.).
  • Nach einem schönen Bindungsmoment plötzlich eine Distanz aufbauen.
  • Ausweichen oder Zögern, wenn es um (kurzfristige) Planung gemeinsamer Aktivitäten geht, ebenso gemischte Signale bezüglich der längerfristigen Zukunft.
  • Lieber ein kleines, nicht ganz eindeutiges Zeichen als Liebesbeweis geben als klare, eindeutige Worte. Z.B das Lieblingsdessert für den Partner vorbereiten (das man aber selber auch sehr gerne mag) statt ihm/ihr zu sagen: "Ich habe heute an dich gedacht. Du bist für mich die wichtigste Person in meinem Leben".
  • Körperliche Nähe vermeiden, z.B. lieber in einem anderen Bett schlafen, ein paar Meter vor dem Partner gehen, Händchen lieber nicht halten.
  • Bei heranziehenden Konflikten: Geschäftig tun oder Pläne vortäuschen, die man gar nicht hat oder die nicht wirklich prioritär wären.
  • Bei Konflikten: Schweigen und Mauern.
  • Bei Konflikten: Erstkontakt nicht durchführen oder nur halb (bei Begrüssung, Wiedersehen, Aufstehen am Morgen etc.).
  • Bei Konflikten: Rückzug antreten, Zimmertüre zumachen und alleine sein, obwohl der Partner gerade um Kontakt und Bindungsbestätigung bittet, allenfalls fleht.
  • Bei Konflikten: Wenn die Mauern durch den Bindungspartner "eingerissen" werden, wird zumindest verbal zurückgeschlagen. Der Bindungspartner wird als abhängig, bedürftig und unerwachsen dargestellt.
  • Bei Konflikten: Vermeidende Bindungstypen sind sehr verletzlich gegenüber Protestverhalten und "Verbalmüll". Sie vergessen Beleidigungen nach einem Streit weniger schnell und haben mehr Mühe, die Verbindung wieder aufzunehmen.

Im Konfliktfalle kann es durchaus zu Eskalationen kommen, vor allem wenn der Bindungspartner ein ängstlicher Bindungstypus ist. Ängstliche Bindungspartner giessen oft selber zu viel Öl ins Feuer.